Autobiografie Teil 1: Endstation Frauenhaus - ICH klage an
Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt
ISBN: 978-3-769300376
Stolz und Selbstachtung (Foto: Foto-Tom, 2024)
Das Schreiben half mir, Klarheit zu gewinnen und Gedanken zu ordnen. Emotional schwierige Themen konnte ich nur mit einer schützenden Distanz betrachten, die ich mir durch das Schreiben schaffte. Nur so hatte ich den Mut, in meine frühere Lebensgeschichte zu schauen. Mein Wunsch war es, konkrete Ereignisse aufzuschreiben und somit ein Zeitdokument zu erschaffen. Ich möchte das Erlebte verstehen und vor dem Vergessen bewahren. Es ist aber auch ein Versuch, trotz allem, was vorgefallen ist, die Leistung meiner Eltern anzuerkennen, die als Kinder im Krieg Unaussprechliches erleben mussten. Trotzdem konnten sie mit Mut und Fleiß ihren eigenen Kindern ein warmes Zuhause, angemessene Kleidung und stets einen gedeckten Tisch bieten. Es gibt Ereignisse, die ich auch nach vielen Jahren in der Rückschau nicht verzeihen kann, aber ich kann sie besser verstehen und so ist es mir möglich, Frieden zu schließen.
Letztlich möchte ich stolz auf die Person sein, zu der ich geworden bin. Ich möchte stolz sein auf die Liebe, die ich den beiden Menschen gezeigt habe, die mir am Herzen liegen und darauf, dass ich das nötige Wissen vermitteln konnte, damit sie sich in dieser chaotischen Welt zurechtfinden. Aber ich möchte auch stolz sein auf mein Leben und die Art und Weise, wie ich geheilt bin und aus meinen Fehlern gelernt habe. Ich bin stolz auf meine Leistungen und meine Fähigkeiten, und auf die Entwicklung zu einer selbstbewussten Frau. Die Überwindung von Ängsten, Fehlern und Schwierigkeiten, die das Schicksal mir auferlegte, machen mich besonders stolz. Aber überaus stolz bin ich auf mein Leben, denn ich habe trotz allem jeden Tag etwas Schönes erlebt und mein Bestes gegeben. Dies ist der erste Teil meiner Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden.
Zu diesem Buch:
Wir Menschen sind unterschiedlich, aber eins haben wir gemeinsam: Wir haben eine Familie und müssen mit ihr leben. Wir sind durch sie geprägt und an sie gebunden, sowohl über weite Entfernungen als auch bis zum Tod. Die Mehrheit der Menschen glaubt, dass man eine Familie braucht, um glücklich zu sein, jedoch spielt die Familie eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Gewalt. Es ist der Ort, an dem die meisten Gewalttaten begangen werden und an dem sowohl Frauen als auch Kinder ihre Gewalterfahrungen mit den Menschen machen, die sie am meisten lieben.
Ich klage die unterlassenen Hilfeleistungen staatlicher Institutionen an, die die Taten als private Konflikte einstuften und viel zu wenig Schutz boten. Meine Autobiografie beschreibt, wie ich von der Polizei, Jugendamt, Anwälten und Familiengericht allein gelassen wurde, wie selbst Ärzte und Hebammen Teil eines gewaltvollen Systems waren. Mit meinem Werk möchte ich deutlich machen, dass es auch heute noch zu viel Gewalt an Frauen und Kinder gibt und wir die Augen davor nicht länger verschließen dürfen.
Ich bin Psychotherapeutin und freie Künstlerin und lebe in Leverkusen. Parallel zu dem ersten Teil meiner Biografie arbeite ich an dem 2. Teil mit dem Titel „Der Tanz mit dem Phönix – Sieg der Hoffnung. Wunder geschehen.“
© 2024 Barbara Gorel /
www.Barbara-Gorel.de
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt
ISBN: 978-3-769300376
Hinweis
Diese Geschichte dokumentiert eine Kindheit und eine Ehe im Strudel der Gewalt. Sie enthält Texte über verbale, seelische und körperliche Gewalt, Not und Leid. Wenn du dich angesprochen fühlst und selbst unter Gewalt leidest, such dir bitte Rat und professionelle Hilfe:
Hilfetelefon 116 116 – Gewalt gegen Frauen, www.hilfetelefon.de
Alle Inhalte wurden teilweise verfremdet und anonymisiert. Das dient dem Schutz beteiligter Personen.
Auszug aus dem Buch/Kapitel 8: Mein geliebter Bruder – der Bastard
Man sieht ihm nicht an, dass er unter ärmlichen Verhältnissen auf gewachsen ist. Sein weißes Hemd ist sauber und frisch gebügelt. Sorgfältig hat er die Krawatte gebunden und um den gestärkten Kragen gelegt. Seine hellgraue Hose trägt eine exakte Falte, die er vor jedem Tragen neu aufbügelt. Stolz trägt er seine Armbanduhr mit echtem Lederband, die er sich zusammengespart hat. Er sieht gut aus, ein schlanker junger Mann mit kräftigen Muskeln, feinen Gesichtszügen und tiefblauen Augen. Mein 23-jähriger Halbbruder trägt seine Haare etwas länger, so wie es damals in den 70-er Jahren Mode war....
... sein gepflegtes Äußeres ist ein wichtiger Bestandteil seiner Strategie, sich seine Würde zurückzuerobern. Es ist ein kleiner Sieg über die Menschen, die ihm jahrzehntelang eingeredet haben, er tauge nichts, er könne nichts, er sei nichts wert, die ihn geprügelt, missbraucht und seine Seele zerbrochen haben. Diese Menschen hatten Erfolg, denn sein ganzes Leben lang hörte er ihre Stimmen, die ihn schon im Kleinkindalter demütigten und bestraften.....
... die ständigen Schläge haben auf dem jungen Körper Narben hinterlassen und in seiner Seele großen Schaden angerichtet. Das Kind, das seit seiner Geburt gedemütigt wurde, wechselte die Seiten und wurde zum Täter. Mit zwölf Jahren erkämpfte er mit Fäusten und Tritten im Kinderheim erstmals den vorderen Platz in der Rangfolge der Jungengruppe. Der Stärkere hatte die Kontrolle und Otmar war entschlossen, seinen Platz mit Gewalt zu verteidigen. Die Saat von Hass und Wut war auf fruchtbaren Boden gefallen...
... und wurde Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. In dieser Funktion rettete er eine junge Frau aus einem brennenden Auto, ohne dabei auf sich selbst zu achten. Er wurde für seine mutige Tat ausgezeichnet, und die lokale Zeitung berichtete darüber. Mittlerweile befand er sich in einem Teufelskreis. Er litt unter Angstzuständen und Panikattacken, die mit großer innerer Unruhe verbunden waren....
... das, was ihm half, war Alkohol und so wurde die Droge seine einzige Möglichkeit zur Ruhe zu kommen. Doch sie enthemmte ihn auch, und es kam zu unkontrollierten Wutausbrüchen. Als Zwanzigjähriger hatte er bereits ein umfangreiches Vorstrafenregister wegen schwerer Körperverletzung in mehreren Fällen.... er sagte selbst: „Ich bin wie eine Zeitbombe!“
Jubiläum 2020: 40 Jahre Frauenschutzhaus Leverkusen und mein Coming out als erste Schutz suchende Frau im Leverkusener Frauenhaus
https://www.youtube.com/watch?v=Vlb4sKp-C7c
Artikel in der Rheinischen Post von Gabi Knops-Feiler: "Wenn der Vater lange Schatten wirft"